Weil!
Ob hoch hinaus, ob steil hinunter, ob an den südlichsten, westlichsten Punkt von irgendwas, immer die Frage nach dem Warum mit weil beantwortend.
Weil es uns schon immer an besonders exponierte Punkte gezogen hat.
Santa Teresa di Gallura liegt 30 Kilometer nördlich von Palau, Palau liegt 50 Kilometer nördlich von Olbia und Olbia liegt an der Nordostecke Sardiniens.
Und in dieser Gegend möchten wir mal einen ganzen Tag lang am Strand liegen.
Liegen soll für ein paar Stunden unsere Urlaubslieblingsbeschäftigung sein.
Beinahe am nördlichsten Punkt Sardiniens mit dem Blick über die Straße von Bonifacio zur gleichnamigen Stadt an der Südküste Korsikas und somit nach Frankreich.
Soviel mal zur Verortung meines heutigen Beitrags.
Also Badesachen rein ins Auto, es ist Sonntag und ab nach Norden.
Gestern waren wir schon in der Gegend, wollten eigentlich ganz wo anders hin, nämlich ans Capo Testa, hatten allerdings auch nicht ausgiebig danach gesucht, weil …?
Weil uns Santa Teresa di Gallura über den Weg lief.
Weil uns das Städtchen zu gut gefallen hat, weil auf dem Marktplatz gerade der Aufbau für eine heiße Musiknacht im Gange war, weil wir den Stadtstrand geradezu himmlisch fanden, weil wir den Blick übers Meer nach Korsika genießen wollten.
Weil wir ein Eis schlecken wollten, weil wir vom türkischen Honig naschen wollten, der an beinahe jedem Jahrmarktstand angeboten und mit lautem Gehämmer in mundgerechte Portionen zerhackt wurde
und weil es mich mal wieder nach einer richtigen Bratwurst gelüstete.
Es gab noch viele weils.
Wir fanden sogar noch einen Laden, der uns die letzten zwei Strandstühle verkaufen konnte, das würde unseren zukünftigen Strandaufenthalten eine neue Qualität verleihen.
Wer liegt denn in unserem Alter noch stundenlang flach auf einem Strandlaken, wenn nach 10 Minuten die Bandscheibe anfängt einen fast eingeklemmten Nerv zu kitzeln?
Und weil wir nun diese Stühlchen hatten, wollten wir doch auch noch den dazugehörigen Strand finden, dass der aber nicht am Capo Testa liegen würde, war mir schon klar, dort würden wir nur einen gewaltigen Felsengarten vorfinden.
Also noch einmal 15 Kilometer, diesmal direkt nach Westen, wo uns ein unscheinbares Schildchen zu einem der schönsten Strände an der Nordwestküste leitet.
Spiaggia di Rena Maiore.
Endlich Karibikfeeling.
Weißer Strand, türkis schimmerndes Wasser, von der eigentlich geschlossenen Strandbar dringen noch ein paar Reggea Takte zu uns, die Strandstühlchen lassen sich perfekt auseinander klappen und die Sonne scheint uns wohl gesonnen auf den Pelz.
Es ist Mitte Oktober und weil ein noch älteres-vermute ich mal-Ehepaar vor unseren Augen ins Meer trippelt, werden wir denen mal vormachen, wie man sich in jugendlichem Elan in die Wogen stürzt.
Beinahe allein an diesem riesigen Strand schließen wir für ein paar Takte die Augen.
Allerdings gehen die musikalischen Takte von nebenan in wildes Party-Strandgetümmel über, die ganze Familie findet sich ein.
Freunde schleppen den Grill ausgerechnet in unsere Richtung und vorbei ist es mit dem ruhig Sitzenbleiben.
Können Sie mit Bratwurstduft in der Nase, nachdem sie morgens nur ein Knäckebrot verdrückt haben, einfach so liegen bleiben?
Nee, wir müssen was erleben.
Ein bisschen die Steilküste erkundigen.
Das war schon in Irland unser Anliegen, als wir die Cliffs of Moher entlang getrottet sind.
Allerdings hatten wir damals richtiges Schuhwerk dabei, heute könnten Strandsandalen ausreichen, wir sind aber barfuß im weichen Sand losgelaufen und jetzt bereuen wir das, weil der Weg immer steiniger wird.
Autsch, aua, pass auf, oh nein, sind die meist genannten Worte unserer kargen Unterhaltung.
Dafür aber entschädigt der Duft der Maccia, Rosmarin und Thymian und der grandiose Blick übers Meer.
Irgendwann gehts mit unserer Nichtbesohlung nicht mehr weiter, also zurück und..
Nein, nicht gleich wieder ins Stühlchen.
Auf der Ostseite des Strandes haben sich auf dem höchsten Viewpoint ein paar Wohnmobile niedergelassen, die werde ich mir jetzt mal genauer ansehen, weil das vielleicht eine Option für unseren nächsten Urlaub sein könnte.
Eine weitere, nach den neuesten Gesetzen der Statik windfest errichtete Strandbar passierend, erblicken wir hinter den Felsen bereits die nächste mondsichelförmige kilometerlange Badebucht.
Spaggia Liccia.
Außer den paar Wohnmobilisten ist niemand zu sehen.
Traumhaft.
Warum sind wir die letzten Jahre an die Adria gefahren, warum an die Strände Südthailands, wenn hier nach eineinhalbstunden Flugzeit die Karibik Europas auf dich wartet?
Diese Frage lässte sich aber nicht so einfach mit „weil“ beantworten.