Betreten verboten.
Ganz gewiß.
In meinen kurzen Shorts und dem wild gemusterten Hawaiihemd lassen die mich da bestimmt nicht rein.
In diese heiligen Hallen des Trinity College.
Tourist auf Fotosafari.
Na ja,man kanns ja mal versuchen.
Lets go.
An der „Nadel“ vorbei, über die Half Penny Bridge den Liffey querend, im Osten sehen wir die moderne Samuel Becket Bridge, gelangen wir eigentlich ohne jede Stadtkartenhilfe zum großen Eingangstor des Trinity College in Dublin.
Wir sind einfach den Scharen junger Leute gefolgt, die scheinbar alle das gleiche Ziel hatten.
Anfang September kann das nur Studienbeginn bedeuten.
Wir sehen bald, dass wir recht hatten.
Aber dass heute auch noch der Semestereröffnungstag ist und stilles Studieren erst ab nächster Woche beginnt, entzückt uns.
Im großen Campusgelände stellen sich alle Fakultäten mit einem Informationsstand vor.
Auch – was mich verwundert den Kopf schütteln lässt, denn das hat mit ernsthaftem Studium recht wenig zu tun – sämtliche Freizeitaktivitäten der Clubs.
Das Studentenleben am College ist in sogenannten Gesellschaften (Societies) organisiert.
Im Jahr 2016 gab es 120 verschiedene Gesellschaften unterschiedlicher Größen.
Die älteste Gesellschaft der Universität und älteste student society der Welt ist die im Jahr 1683 gegründete Philosophische Gesellschaft (The Phil).
Eine weitere bekannte Gesellschaft ist die historische Gesellschaft (The Hist), die 1770 gegründet wurde. Im Mittelpunkt der Gesellschaft stehen wöchentliche Debatten.
Segeln, Schach, Stricken, Rudern, Kanufahren, Rugby, natürlich Hurling, Fechten, Geigenspiel, Gruppentrommeln.
Leider habe ich mir damals keine Notizen gemacht, wer da was in seiner Freizeit so alles neben dem Studium noch machen kann.
Aber die Bilder , die ich damals machte (Sept.2014), sprechen für sich.
Das College hat allein 50 Sport Clubs.
Zu den ältesten Clubs gehören der Cricket Club (gegründet 1835), der Waffenclub (gegründet 1840), sowie der Rugby Club (gegründet 1854), der als zweitältester dokumentierter Rugby Club der Welt bekannt ist und in der ersten irischen Clubliga spielt.
Wir schlendern durch die Standgassen und sind erfreut über die vielfältigen Werbungsversprechen an die neuen Studienanfänger.
Alles hält sich strikt auf den Wegen auf, als würde im englischen, pardon irischen, Rasen das „Betreten-verboten“ Schild stecken.
Ja, Disziplin ist in Irland alles.
Aber dann, vielleicht angeregt durch einige wohlbeleibte Studienanfänger, überkommt uns plötzlich der Hunger.
Weit und breit kein Würstchenverkauf, kein Hot dog Stand, nichts zum Futtern.
Wir suchen die Mensa auf und fragen dort höflich, ob auch wir hier etwas zu essen bekommen. Natürlich.
No problem.
Mitten im Saal ist eine transportable Kasse aufgebaut, wir bezahlen nach der Auswahl in bar und lassen uns an den ehrwürdigen Tischen dieser kirchenschiffähnlichen Halle nieder.
Auf uns blicken ehrfurchterregend die ehemaligen Rektoren dieser Universität herab, natürlich in Öl porträtiert.
Während draußen der Studentenmob tobt, genießen wir hier, im kühlen Speisesaal sitzend, unser chicken with rice.
So gestärkt müssten wir jetzt eigentlich in die große Bibliothek und dort das berühmte „Book of Kells“ aus den Jahren so um 800 anschauen.
Aber als wir die lange Schlange an der Kasse stehen sehen, schwindet unser Bildungsdrang schlagartig. Viel Geld für gerade mal zwei aufgeschlagene Seiten?
Nein, wir stöbern im Verkaufsshop in den Büchern und haben anschließend einen umfassenden, kostenlosen Eindruck von diesem Meisterwerk der Buchdruckerkunst.
Ein herrlich warmer Septembertag, in diesen kühlen Mauern fröstelt uns etwas, lockt uns wieder ins Freie.
Wir machen uns auf zum Stephens Green, eine innerstädtische Parkanlage.
Klassischer irischer Rasen, der uns zu einem Päuschen einlädt.
Betreten erlaubt.