Blaue Reise an der lykischen Küste

Sicherheit geht vor.

Reiserücktrittsversicherung.

Krankheitsversicherung bei Auslandsreisen.

Gepäckversicherung.

Diebstahlversicherung für die Kamera.

Ach, lasst mich in Ruhe mit diesen Versicherungen.

Man muss auch mal mutig an so eine Sache herangehen.

Nicht lange planen, nicht lange fackeln, nicht lange versichern, einfach buchen und eine Woche später beginnt  unsere Reise ins Blaue.

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Der Flieger bringt uns bis Antalya, dort wartet bereits das Taxi auf uns und in einer nächtlichen zweistündigen Fahrt kommen wir am Hafen in Finike an.

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Kuhnacht, morgens gegen 3 Uhr entern wir unser Schiff, einen Motorsegler namens Tarkan4 und belegen eine winzige Kabine, aber immerhin mit eigener Toilette und improvisierter Dusche.

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Schnell hinlegen und noch ein wenig schlafen.

Ist aber nicht so einfach, denn in halbstündigen Abständen treffen unsere Mitreisenden ein und deren Unterhaltung wird urlaubsgemäß mit lauthalsem Lachen und leisen Jammerrufen in unsere Kabine übertragen.

Na, da wollen wir mal nicht so sein und nicht gleich meckern.

Aber muss unbedingt ein schwerer Koffer die Gangway hinunterfliegen und vor unserer Kabinentür laut bumsend zum Stillstand kommen?

Warum hat es jetzt eben neben uns einen dumpfen Aufschlag gegeben?

Und weshalb verlangt jemand laut nach einem Akkuschrauber?

Was, aus dem Saarland kommen die?

Und aus Frankfurt?

Aber das muss man sich doch nicht unbedingt morgens um 4 Uhr auf dem Gang erzählen.

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Moin Moin.

Ah, Hamburger sind seit fünf Minuten auch an Bord.

6 Kabinen, also 12 Personen plus Kapitän und Smutje, eine Schicksalsgemeinschaft für eine Woche.

Das werden wir überleben.

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Wenn es genügend zu Essen gibt.

Die deutsche Eignerin der Tarkan 4 erklärt uns am frühen Morgen die Modalitäten, der Käptn wirft den Motor an und wir tuckern aus dem Hafen von Finike Richtung lykische Küste.

Zum besseren Verständnis fotografiere ich eine Karte im Steuerhaus ab.

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Josef, so sein Name, sucht immer noch einen Akkuschrauber, denn, ermüdet von der langen Anreise, hat er sich gestern Nacht ein bisschen unvorsichtig aufs Bett geworfen, dreieinhalb Zentner, zu viel für den dünnen Lattenrost seines Bettes.

Die Koffer stehen alle noch auf dem 50 Zentimeter breiten Gang, der zu den Kabinen führt, irgendwie haben alle Mitreisenden den Eindruck, die Kabinen seien für ihre Reiseutensilien zu klein und klettern sei eine Grundvoraussetzung für diese Seereise.

Allerdings müssen wir um Hilfe rufen, denn mehrere neu angekommene, achtlos abgestellte Gepäckstücke blockieren unsere Kabinentür.

Ja mei, mir san aus Bayern.

Von der deutschen Nordsee bis zu den bayrischen Alpen scheinen sich derer Bewohner an Bord zu tummeln.

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Mir müssn zerscht no lüftn!

Kampf gegen den Muff?

Na, da öffnet man halt das Bullauge, frische würzige Luft strömt durch den Schiffsbauch.

Zudem hat man ja nicht vor, sich den Tag über hier unten aufzuhalten.

Der Kapitän lässt den Diesel tuckern, volle Fahrt voraus, die Bugwelle klatscht in einem einschläfernden Rhythmus gegen die Planken der hölzernen Gulet, wie die Motorsegler dieses Typs in der Türkei genannt werden.

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Das ermüdet, schnell liegt alles auf den blaubezogenen Matratzen unter dem Sonnensegel und holt den verpassten Schlaf der letzten Nacht nach.

Blaue Reise in ein zeitweiliges Nirwana.

Oh nein!

Ein Schrei hallt durchs Schiff!

Oh nein, das darf nicht sein.

Ein Glück, dass ich den Tipp mit dem geöffneten Bullauge nur für mich gedacht habe.

Nein, dafür kann mich niemand verantwortlich machen.

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Ist doch klar, dass bei rasanter Fahrt die Bugwelle sich ihren Weg durch das geöffnete Bullauge sucht.

Ins Bett, in die Matratze, in den geöffneten Koffer.

Alles patschnass.

Das soll auf Seereisen schon mal vorkommen.

Jetzt ist halt ein Tag lang Wäsche waschen angesagt, eine Waschmaschine ist immerhin an Bord.

Und der Wäschetrockner ist hier in Form der Reling kostenlos zu benutzen.

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Gut, mit dem Schlaf auf der vollgesogenen Matratze ist für ein, zwei Tage nicht zu rechnen, aber Schlafmöglichkeiten an Deck gibt es genügend und was ist romantischer, als über sich den Sternenhimmel zu sehen.

Sternchenzählen, keine Schäfchen.

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Das Essen ist fertig, schnell sitzen alle am Riesentisch im Heckbereich des Schiffes und unser Smutje schleppt die Leckereien die schmale Treppe aus der Kombüse hoch.

Herrlich, wie das duftet.

Jeder fasst sich etwas heraus und bis die Schalen und Platten bei uns am Ende des Tisches angelangt sind, befinden sich leider nur noch wohlschmeckende Reste auf Ihnen.

He, so haben wir aber nicht gewettet.

Na ja, das war jetzt sicher dem Anreisetag und dem damit verbundenen Bärenhunger anzukreiden.

Das wird beim Abendessen sicher anders sein.

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Wir haben ja gottseidank zwei kleine Reisekuchen mitgenommen, die wir uns einverleiben können.

Nein, in unserer Kabine können wir die nicht verdrücken, das ganze Gebrösel im Bett.

Das Deck ist ja groß genug, dieser riesige Esstisch am Heck unseres Seglers.

Und wir ganz allein, die anderen sind alle vorn am Bug und halten nach Delphinen Ausschau.

Nicht lange.

Ja, haben wir aus Deutschland mitgebracht.

Nein, besonders groß ist er nicht.

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Wie er schmeckt?

Ach, eigentlich ganz gut.

Willst mal versuchen?

Das Taschenmesser kreist und in nullkommanix finden fünf weitere Paare unsere beiden  Küchlein ganz toll.

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Wohlschmeckend, eigentlich ganz anders, als dieser Kuchen zuhause schmecken würde.

Schade, dass der jetzt auch schon weg ist.

Ja, so eine Seereise, die viele frische Luft, soll hungrig machen.

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Gottseidank, im Kühlschrank befinden sich  noch Getränke.

Bier, Wein.

Bier soll ja so etwas wie flüssiges Brot sein.

Wir sprechen dem Flüssigen zu und hören unseren Magen laut mit uns reden.

Hoffentlich wird das morgen anders.

Fünf Tage lang hatten wir die Hoffnung, dass uns am Ende des Esstisches noch genügend Essbares erreichen könnte.

Wir hatten die Hoffnung, selbst als auf Protest unserer nahe am Treppenaufgang sitzenden Mitreisenden die Portionen erhöht wurden.

Am dritten Tage bereits hatten wir die Hoffnung aufgegeben und stürmten bei einem Landgang direkt von der Gangway aus schnurstracks ins nächste Dönerlokal.

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Hunger kann mörderisch sein.

Was, warum fährt unser Schiff heute schon wieder Richtung Heimathafen?

Was, die Reiseleitung hat angerufen, der Rückflug nach Hamburg sei um einen Tag vorverlegt worden und unsere zwei Seebären aus der Hansestadt müssten also frühzeitig zurück!

Und die anderen 10 zwangsweise mit.

Und die verträumten Buchten, in denen wir noch ankern wollten?

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In denen wir noch einmal baden wollten?

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In denen wir unter dem Sternenzelt noch unbedingt Abschied feiern wollten?

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Und wollten wir nicht auch noch mal unter vollen Segeln segeln?

Wenigstens einmal unter Segel!

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Mal den Dieselmotor für 20 Minuten ausruhen lassen.

Was, unter Segel würden wir den Hafen niemals rechtzeitig erreichen?

Und der habe immerhin eine neu angelegte Marina mit gepflegten Toiletten.

Und kostenlosen Duschen.

Und ein typisch türkisches Kaffeehaus.

Mit Diwan und Wasserpfeife.

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Und zudem sei es ja egal, zum Schlafen auf den Deck-Matratzen sei der kleine Wellengang im Hafen ausreichend.

Zumal der Friseur an Bord käme, nach so einer Woche habe manch einer eine Rasur notwendig, bevor er die Passkontrolle am Flughafen problemlos passieren könne.

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36 Stunden tatenlos auf einem Schiff im Hafen liegen!

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Also auf hoher See könnte ich schon so lange nichts tuend herumliegen, aber angekettet an der Kaimauer?

Das widerspricht meinem Naturell.

Irgendwas muss doch hier machbar sein!

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Käptn, hast du eine Idee?

Was, Hammmamm?

Verstehe ich schon wieder Mammamam-Kindersprache für essen?

Nein, Hamam!

Wo?

Halbe Stunde Fahrtzeit mit dem Taxi?

Empfehlenswert.

Die Kosten?

Ja, ist mir schon klar, dass die nicht im Pauschalpreis enthalten sind.

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Mann, Käptn ruf an und sag, dass ich und meine Frau in spätestens einer halben Stunde hier auf das Taxi warten.

Ja, wir bezahlen das aus unserer Reisekasse.

Hauptsache runter vom Schiff!

So ganz heimlich geht das nicht.

Wo wir hingehen?

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Och, wir lassen uns an Land bringen.

Wohin?

Ach, da soll in ein paar Kilometer Entfernung ein echtes Hamam Bad sein.

Noch sehr ursprünglich.

Eigentlich kommt da kein Tourist hin.

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Ein echter Geheimtipp  vom Käptn.

Was?

Ob ihr da mit könnt?

Puh, woher soll ich wissen, was für eine Taxi kommt.

Ihr würdet auch mitgehen?!

Nein, eigentlich haben wir nichts dagegen.

Nein, sieben Personen passen garantiert nicht in ein normales Taxi.

Auch nicht in der Türkei.

Käptn, ruf doch noch mal an und sag, die sollen einen Kleinbus schicken.

Ich bin nicht der Reiseleiter, aber alle scheinen mich dafür zu halten.

Dass aber eins klar ist, ihr bezahlt euren Eintritt selbst.

Und jetzt rückt mal jeder 5 Euro raus.

Sicherheit geht vor.

Nicht nur an Bord, auch beim Landgang.

Nein, ich zwinge niemanden mitzukommen.

Ob man da hinlaufen kann?

Sicher.

Aber das Taxi braucht ‘ne halbe Stunde!

Ich bin nicht der Reiseleiter.

Nein, das ist nicht im Pauschalpreis enthalten.

Aber wenn du dir sicher sein willst, dass du das Hamam auch findest, dann rück‘ jetzt mal 5 Euro raus.

Ja, pro Person.

Jaaaa, fünf Euro!

Zur Sicherheit.

Sicherheitsvorschuss!


Die Blaue Reise mit Tarkan4 unternahmen wir im Jahr 2010.

Das kleine Städtchen mit der Burg ist Simena, ihr liegt die Insel Kekova gegenüber, das antike Dolichiste.

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