Wer nach Cefalu kommt, besichtigt garantiert den Normannendom im Zentrum des Städtchens.
Wer es schafft, ins Herz Palermos vorzudringen, bezahlt den horrenden Eintrittspreis gerne, um den Königspalast der Normannen in dieser lebhaften Stadt bewundern zu können.
Wer dann noch läppische 10 Kilometer in die Berge zurücklegt, gelangt an den großartigen Bau der Klosteranlage und des Normannendoms von Monreale.
Die Normandie liegt im Nordwesten Europas am kalten Atlantik.
Sizilien liegt am südlichsten Zipfel Europas am warmen Mittelmeer.
Also soweit sind meine geographischen Kenntnisse aus dem Erdkundeunterricht noch präsent.
Und dass dazwischen mindestens 2 500 Kilometer liegen, das kann man im Atlas nachmessen, leider nur per Luftlinie, aber ich werde mal über das Internet einen Versuch unternehmen, das mittels irgendeiner Routenberechnung genauer herauszubringen.
Da gebe ich mal Palermo als Zielort ein.
Und Hauteville-la-Guichard bei Coutances als Ausgangsort, dann werde ich das genauer wissen.

Ah ja, nicht schlecht geschätzt, heutzutage mit dem Auto 2650 Kilometer und 26 Stunden Reisezeit, wahrscheinlich auf gut ausgebauten Autobahnen, mit dem Auto in zwei, drei anstrengenden Tagen zu erreichen.
Aber wer macht das noch heutzutage?
Das Flugzeug ist schneller und bequemer.
Zum Spaß schalte ich die Routenberechnung auf Fußgänger.
325 Stunden!
Und das machte man dann genau so etwa im Jahr 1000 nach Christus!
Monatelange Reisen, um Rom und dann Sizilien zu erreichen.
Wenn man von dieser normannischen Siedlung unbedingt auf die Insel Sizilien wollte!
Wer das nötige Kleingeld hatte, sicher auf eines Pferdes Rücken.
Zumindest mal, um über die Alpen zu kommen.
Und dann durch die Po-Ebene nach dem ersten, wichtigen Ziel, in die Papststadt Rom.
Und dann?
Vielleicht mit einem Carretti, zu deutsch Eselskarren, weiter nach Sizilien?

Keiner kann dir das genau sagen.
Aber warum das gerade mich interessiert, hat mit meinem Sizilienurlaub im Jahr 2004 zu tun.
Vor allem zwei Städte auf dieser Insel weisen großartige Bauwerke aus dieser dunklen Mittelalterzeit auf.
Beide liegen an der Nordküste Siziliens.
Cefalu und Palermo.

Wer nach Cefalu kommt, besichtigt garantiert den Normannendom im Zentrum des Städtchens.
Wer es schafft, ins Herz Palermos vorzudringen, bezahlt den horrenden Eintrittspreis gerne, um den Königspalast der Normannen in dieser lebhaften Stadt bewundern zu können.
Wer dann noch läppische 10 Kilometer in die Berge zurücklegt, gelangt an den großartigen Bau der Klosteranlage und des Normannendoms von Monreale.

Alles erbaut etwa zwischen 1100 und 1200 nach Christus von diesen reisenden Herren aus Hauteville-la-Guichard bei Coutanes in der damaligen und heutigen Normandie, von Frankreich wollen wir zu der Zeit noch nicht sprechen.
In erster Linie waren es der adlige Tankred von Hauteville und seine beiden Söhne Robert und Roger, sein jüngster Sohn, die aus unerklärlichen Gründen vom Papst auserwählt waren, ihm die lästigen Sarzenen in Sizilien vom Hals zu schaffen.
Oder hatten Sie sich ihm angedient?
Gab es für Sie etwas zu gewinnen, was Ihnen in ihrer Heimat nicht gelang?
Machthunger?
Erobererphantasien?
Die verlässlichen historischen Daten lassen sich für mich nicht einfach so in einem klugen Geschichtsbuch nachlesen.
Was sie dort wollten, vielmehr sollten, das lässt sich noch nachverfolgen, aber wer waren die Begleiter?
Wieviele?
Eine lange Karawane?
Verpflegung und Unterkunft in fremden Landen?
Gern gesehen oder kritisch beäugt?
Wer von denen hatte Zeit, mal schnell die Pläne für diese großartigen Bauwerke zu entwerfen?
Wer übernahm die Auswahl des Bauplatzes?
Woher das Baumaterial nehmen, das Bauholz schlagen und transportieren?
Steinmetze anleiten, Mosaikkünstler anwerben?
Materialforschung betreiben?
Uhu war damals unbekannt. Womit also die Mosaike kleben?
Verpflegung und Unterkunft sicherstellen und… und… und… und so ganz nebenbei noch ein wenig die Sarazenen vertreiben.

Das war die ursprüngliche Idee des Papstes in Rom.
1048 hatte der Kaiser HeinrichIII auf einem Konzil in Worms den elsäßischen Bischof Bruno von Egisheim zum Papst von Rom bestimmt, Leo IX.
Und kaum war dieser gute Mann in Rom angekommen, mit dem festen Willen einiges zu verbessern, zu reformieren, da musste er sich sagen lassen, dass sich der Süden und vor allem Sizilien unter der Herrschaft von Arabern befand.
Wollen wir die Namen einmal nennen: Aghlabiden, Fatimiden, Kalbiten, Ziriden aus Ifriqiya.

Das ist wichtig, denn wenn da nur ein einzelner Stamm die Insel beherrscht hätte, wäre die Eroberung dieser Insel durch einen kleinen Haufen auch noch klein gewachsener Normannen nicht so einfach erfolgt.
Die Normannen kamen zur richtigen Zeit in Siziliens an, als all diese arabischen Fürsten sich in einem dauernden Gerangel um die Vormachtstellung befanden.
Da ließ sich leicht der eine gegen den anderen ausspielen, verleumden, da lässt sich intrigieren.
Die ganze Palette, mit der man damals an die Macht kam.
Und das beherrschten die Normannen bestens.
Würden wir diese Truppe mit unseren heutigen moralischen Maßstäben messen, so müssten wir von Plünderern, Räubern, Schändern,Verwüstern, Mördern, Dieben, Schadloshaltern,Unterdrückern, Abenteurern, Landstreichern reden.

Angeführt von ein paar normannischen Edelleuten, deren Verhalten wir aber heute auch nicht mehr als edel bezeichnen würden und die der Papst um Hilfe ersucht hatte, um die Sarazenen von dieser Insel zu vertreiben.
Warum gerade sie?
Ich weiß es nicht.
Meine Bücher wissen es nicht, das Internet schweigt dazu.

Sie brauchten zu dieser Eroberung genau 30 Jahre, nämlich von 1061, als sie von Reggio Calabria mit dem Schiff nach Sizilien übersetzten bis 1091, als die letzte widerstandleistende Stadt Noto fiel.
Und weil es ihnen dann sofort wieder langweilig wurde, eroberten sie noch schnell Malta (1091), dann aber bereits in der zweiten Generation durch Roger den Zweiten.
Dass sie damit dem Papst in Rom zu mächtig wurden, der Bevölkerung um einiges brutaler erschienen als die Sarazenen, brauche ich niemanden zu erzählen.
Am Schluss ihrer Herrschaft kämpften sie gegen den Papst, vielmehr der Papst gegen sie, hatte der doch den ganzen langobardischen Adel für sich gewinnen können, hatte er den Konflikt mit Byzanz beigelegt.
Jetzt ging es vereint gegen die Normannen.

Um bei diesem Unterfangen zu den Siegern zu zählen, warb der Papst ein Söldnerheer an.
700 kriegserprobte Schwaben.
Ja, Schwaben!
Die sich mit ihren Langschwertern und ihrer Körpergröße über die kleingewachsenen Normannen lustig machten.
Lustig war es für sie am Ende dann jedoch nicht mehr.
Gnade konnten sie keine erwarten und so kämpften sie, bis der letzte von ihnen fiel.
700 Schwaben, nachweislich die erste deutsche Söldnertruppe.
Und ich, Beinaheschwabe von Geburt, stehe vor den großartigen Bauwerken aus dieser Zeit, die in der historischen Darstellung der normannischen Eroberung von Sizilien so ganz nebenbei erwähnt werden.

1130 soll Roger II an der Nordküste Siziliens in einen Sturm geraten sein, zu Fuße eines gigantischen Berges konnte er sich an den Strand retten und dafür gelobte er, genau hier einen Dom zu bauen.

Zudem hatte er noch das Gefühl, knapp dem Tod entgangen, dass er für den Fall seines Ablebens eine ansprechende Grablege ganz gut gebrauchen könnte.
So wurde 1131 mit dem Bau des Doms im heutigen Cefalu begonnen.

1240 standen zwei Türme, das Kirchenschiff flankierend, im romanischen Stil.
Die Fassade wurde in den folgenden Jahrhunderten noch einmal umgestaltet durch den Ausbau des Portikus.
Aber das gewaltige Goldgrundmosaik in der Apsis war bereits 1148 fertig.

In byzantinischer Tradition zeigt es Jesus Christus als Pantokrator, Weltenherrscher.

Aber irgendwie fühlte sich Roger der Zweite nach Palermo gezogen.
Immerhin hatte hier auch der arabische Emir seine Sommerresidenz, bevor er von Roger verjagt wurde.
Also mal schnell dessen Residenz zum Regierungssitz umgebaut.
Natürlich mit Hofkapelle im arabisch-byzantinisch-romanischen Stil, heute im Fremdenführer unter Capella Palatina zu finden.
Mosaikeinlegearbeiten in Marmor bedecken in zahlloser Vielfalt Boden und Wände.
Goldgrundmosaike so weit das Auge reicht, Tiere und Pflanzen, Jagdszenen und Zentauren darstellend.
Aus dieser Normannenzeit stammen aber nur noch der Sala dei Venti und die Stanza dei Ruggero, von Wilhelm dem Ersten persönlich so um 1160 entworfen.
Ein großer Teil des Palastes wurde in der nachfolgenden Zeit umgebaut, so vor allem der Innenhof in der Renaissance.
Man wollte halt mit der Zeit gehen.
Nur der Torre Pisano stammt noch aus der normannischen Gründerzeit.

Ein bisschen Zeit verging allerdings, bis der sizilianische König Wilhelm II, natürlich Normanne, beschloss, bei Palermo am Berg Monte Caputo mit Blick auf die goldene Muschel von Palermo, ein Kloster zu errichten, mit den entsprechenden Gebäuden und einem Dom.

Man schrieb das Jahr 1172.

Heute ist davon nur noch der Dom und der Kreuzgang übrig geblieben.
Aber was für ein Überbleibsel.
Ein gewaltiger , 100 Meter langer romanischer Baukörper mit arabischen Intarsien an den Außenwänden und mit 6340 Quadratmeter byzantinischem Goldgrundmosaik in der Apsis.
Es scheint, als habe man den Normannendom in Cefalu nur mal zum Test gebaut.
Durch eine gewaltige Bronzetür, 1186 von Bonannus von Pisa geplant und gegossen, betreten wir das Gotteshaus.
Szenen aus der Bibel bedecken die Wände und natürlich blickt uns Jesus direkt als Pantokrator an.
Wir wollen die stattfindende Hochzeit nicht weiter stören.
Über die Außentreppen steigen wir in die Höhe und blicken auf den einzigartig schönen Kreuzgang, den Rest des ganzen Benediktinerklosters.
Ein etwa 50 auf 50 Meter großes Areal mit 26 spitzbogigen Arkaden, getragen von Doppelsäulen.
In der Ecke des Kreuzgangs ein quadratischer Brunnenhof, den drei mal drei Arkaden bilden, in der Mitte auf einer Säule eine kreisförmige Brunnenschale.
Das leise Plätschern ist kaum zu vernehmen, denn in der Kirche dröhnt die gewaltige Orgel los, die Hochzeitszeremonie begleitend.
Monreale am Monte Caputo mit Blick auf die Bucht von Palermo, die <conca d’ora>, eine Erinnerung an die prächtigen Orangenhaine und Zitrusbäume zur Zeit der arabischen Herrschaft.