…..vollkommen ziellos, aber einem ausgetrampelten Pfad folgend, richten wir unseren Weg nach Norden und durchqueren Lavafeld auf Lavafeld…….
Bin ich ein Reisetrampel?
Ein typisch deutscher noch dazu?
Nur weil ich mit irgendsoeinem Billigflieger ins touristenüberfüllte Teneriffa fliege?
Mich in einen Hoffnungslosigkeit ausstrahlenden Betonpalast einquartiere?
Tagsüber regungslos auf einer, bereits in den frühen Morgenstunden von mir reservierten, Plastikliege am Pool herumliege?
Und abends in zwei Schichten mit einem unendlichvielen Gängemenue abgefertigt werde!

Ist das ein Grund, mich so zu beleidigen?
Pauschalurlauber!
Wenn ich dann zuhause, ganz vorsichtig die Reaktionen meiner Zuhörer beobachtend, von unserer einzigen Urlaubsreise im Jahr erzähle, dann merke ich nach den ersten Schilderungen, dass ich mich nicht zu den wahren Reisenden zählen darf.

Nein, der Selberbucher blickt auf den Pauschaltouristen herab.
Der Ferienwohnungsanmieter lässt erkennen, dass er niemals den Gedanken fassen würde, mit vielen Deutschen gemeinsam das Frühstücksbuffet zu teilen.
„Nein, wir waren ganz allein…. Wir haben unsere Wohnung bei Einheimischen gebucht. ……Ich könnte das nicht, mit so vielen Deutschen gemeinsam meine Urlaubszeit verbringen…… Wir haben engen Kontakt mit den Einheimischen bevorzugt. ……Stellt euch vor, wenn jetzt der Tourismus in Kuba zunimmt, wie da die ganze Ursprünglichkeit verloren geht.“
Schlimm für den Deutschen, wenn er in fremden Landen deutschen Touristen begegnet.

Ganz schlimm.
Dann ist’s mit der Urlaubsherrlichkeit vorbei.
Man geht sich besser aus dem Weg.
Man ignoriert sich.
Man wird zum Pauschal-Touristenbeschimpfer.
Und dabei unterscheidet man sich in den wesentlichen Punkten in Nichts von diesen Banausen, die das Gleiche schön finden, wie man selbst.

Ich kann mich noch gut erinnern, als ich mit meinem VW Käfer durch Marokko tuckerte- damals garantiert als zu bestaunender Tourist mit Seltenheitsfaktor – und, das war 1971, einem Fahrzeug mit dem gleichen Autokennzeichen wild hupend hinterherfuhr, um die verblüfft anhaltenden Kerls beinahe zu umarmen, so freute ich mich über deren Anblick.
Zwei Autos mit dem gleichen Kennzeichen SHA in der Gegend des Tich’n Tichka Passes.
Da kann man doch nicht einfach weiterfahren.
Gemeinsames Nachtlager hinter zwei alten Hühnerställen.
Gemeinsames Kopfweh am nächsten Morgen, denn irgendwo unter der Sitzbank meines Käfers war eine Riesenbuddel italienischen Rotweins vom Kalterer See versteckt.
Natürlich Adressentausch, schmerzlicher Abschied.

Das sind die wahren Reiseerinnerungen.
Dagegen verblasst der Blick ins Rund des Kolosseums.
Oder ein einsames Telefongespräch in einer der Seitengassen Venedigs.
Oder gar ein kurzes Telefonat mit dem ‚Chef‘.

Heute sind solche Verbrüderungsszenarien beinahe nicht mehr denkbar.
Die Touristik verdient blendend am Abgrenzungswahn der betuchten Touristen.

Studienreisen sind „in“.
Selbst TUI wirbt heute mit Zielen „abseits des Massentourismus“.
Schon der erste Reiseführer des Karl Baedeckers aus den 1830er Jahren gab Tipps, wie sich der „anmaßende Reisepöbel“ umgehen ließ.

Und da sitze ich nun mit meiner Liebsten auf Teneriffa, Urlaub machend, nur für eine Woche, in Puerta de la Cruz, ausruhend vom Arbeitsstress eines ganzen Jahres.
Gottseidank dort und nicht an der Südküste.
Da solls ja nur so wimmeln von Touristen.
Allein schon der Strandname: Playa de las Americas.

Wahrscheinlich nur Engländer und Amis.
Nein, davon merken wir an der Nordküste nichts.
Die Sonne scheint allerdings nicht immer, eine Garantie für das Fehlen der Touristenmassen.
Den Einheimischen ist es schnurz piep egal wo wir herkommen, aber irgendwie sehen die es uns an, dass wir aus Deutschland sind.
Na, Hauptsache wir lassen ein paar Euros liegen.
Und dafür sind die Deutschen bekannt.

Gerade ein Deutscher war maßgeblich am Ruhm dieser Kanareninsel beteiligt.
Im Jahre 1799 – das ist schon eine Weile her – weilte Alexander von Humboldt auf dieser Insel.
Genau wie wir, exakt eine Woche.
Und dieser berühmte Forscher tat nichts anderes als wir.
Er wollte auf den Pic de Teide.
Wie wir.
Oder doch nicht ganz so wie wir?
Wir mussten morgens vom Hotel aus nur zum Busbahnhof schlendern, eine äußerst billige Fahrkarte buchen, uns in die bequemen Liegesitze lümmeln, ein Croissant futtern und dazu eine mitgenommene Cola aus dem Tagesrucksäckchen fischen und warten, bis der Vulkanriese sich aus den Passatwolken schälte.

Natürlich unterschieden wir uns von den anderen Mitreisenden.
Natürlich.
Wussten wir doch, wahrscheinlich nur wir, dass Humboldt eine ganze Woche lang diesen Vulkan erforschte, dass er Klimamessungen vornahm und den Pflanzenwuchs auf den entsprechenden Höhenstufen kartierte, dass er Führer dabei hatte, die angaben, bereits einmal auf der Bergspitze gewesen zu sein, wie sich später herausstellte, eine glatte Lüge.
Aber dem Humboldt machte so etwas nichts aus.
Ein Ziel, ein Weg, davon ließ er sich nicht abbringen.
Leider vergaß er seinen Erkundungsweg in einer Karte einzuzeichnen, so dass heute niemand auf die Idee kommen kann, den Berg authentisch auf den Spuren AvH zu erklimmen.
Wenn eine Wander-Organisation dies anbietet, können sie davon ausgehen, dass das garantiert erstunken und verlogen ist.
Deshalb haben wir auch kein schlechtes Umwelt-Gewissen, als wir nach eineinhalbstündiger Fahrt den Busparkplatz erreichen, den Rucksack schultern und ähnlich wie AvH mal ohne Karte im Gelände verschwinden.
Irgendwie werden wir den Weg schon finden.

Hinauf auf die Spitze wollen wir eh nicht , uns genügt zu wissen wissen, dass Humboldt ihn beinahe genau mit 3716 Meter über dem Meer vermessen hat.
Uns reicht die Wanderung in der Caldera de las Canadas, einem gewaltigen Einsturzkrater mit 16 Kilometer Durchmesser, über dessen genaue Entstehung die Wissenschaftler noch heute streiten.
An der Seilbahn stehen die Deutschen – natürlich auch die Engländer, Russen, Franzosen…..- Schlange.

Aber wir doch nicht.
Mit der Seilbahn auf den Gipfel!
Also dekadenter gehts nimmer.
Wir haben uns für den Rundkurs „Los Roques“ entschieden.
Da sind wir uns sicher, dass wir den schaffen werden.

Nach der ersten Kehre, unter einigen abenteuerlich geformten Felsen, sitzen die ersten Wanderer.
Sie sind aus dem Rheinland.
Sie sprechen deutsch.
Und fragen uns, ob wir so etwas wie Verbandsmaterial dabei hätten.
Woher wissen die, dass man mich auf deutsch anreden kann, sehe ich doch einem türkischen Händler aus dem Basar in Istanbul nicht unähnlich.
Die Dame hat sich am Fuße des Vulkanschlotes „La Catedral“ den Knöchel aufgerissen an der scharfkantigen Lava.
Ja, geht man mit solchen Schuhen, mit Klettbandsandalen, einen solchen Bergriesen an?
Unglaublich, aber typisch deutsch.
Oder englisch. Oder russisch.

Natürlich habe ich als erfahrener Weltenbummler seit unserem Wanderdilemma in der Samariaschlucht auf Kreta eine Erste Hilfe Grundausstattung dabei.
Die junge Frau sieht mich bewundernd an, als ich meinen Rucksack öffne.
Ihr Freund erbittet sich von mir gleich zusätzlich die mitgeführte Elastikbinde, hat er sich doch wahrscheinlich den Meniskus eingerissen.
Und schielt auf meine 1,5 Liter Wasserflasche.
Ja, sind wir denn in der Wüste?
Bis jetzt bin ich nur einen ausgetrampelten Pfad entlang geschlurft.
Von meinem mitgeführten Getränk rücke ich garantiert nichts heraus, die Sonne brennt uns auf das unbedeckte Haupt und auf beinahe 2200 Meter Höhe ist das nicht besonders lustig, wenn dir das Trinken ausgeht.
Erinnerung an die Samariaschlucht auf Kreta.
Vollkommen ziellos, aber irgendeinem nicht beschilderten Weg folgend, richten wir unseren Blick nach Norden und durchqueren Lavafeld auf Lavafeld.
He, wo wollen wir eigentlich hin?

Tja, wenn ich das so genau wüsste.
Glänzend vorbereitet weiß wahrscheinlich nur ich, dass dieser imposante Felsbrocken der Finger Gottes genannt wird.
„Roque Chinchado“
Schnell ein paar Fotos gemacht, danach will ich mich dem genauen Studium eines fast blattlosen Gestrüpps widmen, als mich eine deutsche Stimme fragt, ob der Weg in diese Richtung zum Busparkplatz führen würde.

Ja verflixt, ich bin ganz normal gekleidet, habe keine typische Treckinghose von Schöffel an und trage auch nicht die beliebte beige Vieltaschenweste.
Meine Kamera ist eine, international üblich, gebrauchte Nikon und an keiner Lasche meines Rucksacks ist ein Deutschlandzeichen angeheftet.
Und dennoch werde ich auf deutsch angesprochen.
Ich muss eine deutlich deutsche Visage haben.
Ich werde da ein paar Veränderungen vornehmen müssen.
Ich erinnere mich, dass ich im Jahre 1967 als einsamer Tramper – das ist das, was man heute an der Autobahnauffahrt nicht mehr sieht – mit meiner Deutschlandfahne schweren Schiffbruch erlitt.
Ich hatte den Weg durch Dänemark noch mit dem erhobenen Daumen am Straßenrand stehend – als Anhalter um Mitbeförderung bettelnd – einigermassen flüssig zurückgelegt, als nach dem Verlassen der Fähre auf norwegischem Boden – bei Kristiansand gelandet – nichts mehr ging.
Und dabei stand doch mein Rucksack mit der Deutschlandflagge bestückt, wunderbar sichtbar vor mir.
Kein Autofahrer hielt an.
Kein Lkw drosselte seine Fahrt, um mich als Gesprächspartner mitzunehmen.
Draußen an der frischen, kalten Luft träumte ich stundenlang armwinkend von einem Kabinenaufenthalt in einem völlig überheizten Lastwagen, von mir aus auch auf dem Beifahrersitz eines uralten Volvos, Schneewittchensarg genannt.
Niemand hielt an.
Spät in der Nacht wanderte ich zurück zum Bahnhof und löste eine Zugkarte nach Trondheim.
Nachtzug.
Sündteuer.
Durch Erfahrungsaustausch mit gleichgesinnten Reisenden erfuhr ich von der Notwendigkeit, die deutsche Flagge unbedingt verschwinden zu lassen.
22 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges waren wir Deutsche damals noch nicht sehr beliebt.
Die Norweger befürchteten wohl noch, dass die norwegische Erde unter den Sandalen eines 17 jährigen Deutschen erneut erbeben könnte.
Auf Karton malte ich mir am nächsten Tramptag das helvetische Kreuz auf und die Freifahrt Richtung Schweden und Finnland gelang in den nächsten Tagen wunderbar.
Gut, dass ich das schweizerische Röcheln im Gespräch so perfekt nachmachen konnte.
Also, für einen Norweger war ich garantiert ein Schweizer.
Schweizer habe ich hier am Fuße des Teide keine gesehen.
Übrigens, das fällt mir jetzt beim Schreiben dieser Zeilen auf.
Auf all meinen Reisen ist mir kein einziger Schweizer begegnet.
Mann, wo machen die bloß Urlaub?
Oder verreisen die etwa gar nicht?

Weit mehr als die Hälfte aller Deutschen verbringt ihren Urlaub im Ausland und allein 2013 haben wir Deutsche 65 Milliarden Euro im Ausland liegen gelassen.
Massentourist und Individualtourist natürlich gemeinsam statistisch berücksichtigt.
Also dieser Hinweis mal für alle schwächelnden Volkswirtschaften.
Nach einer halben Stunde Wanderung ist jetzt aber in der riesigen Caldera nichts mehr von Touristenmassen zu sehen.

Nur ein paar kanarische Eidechsen huschen vor unserem Schritt ins Gebüsch.
He, das ist nicht einfach eine Eidechse.
Das ist eine „Gallotia galloti“.
Eine Kanaren-Rieseneidechse.
Endemisch, also nur hier vorkommend, kann sie bis zu 8o Zentimeter groß werden.
Zum Glück nur ein Jungtier, meine Liebste hätte es sonst garantiert mit der Angst zu tun bekommen.
Ich versuche sie mit einem deutschen „komm, komm“ anzulocken, bemerke aber, dass sie viel besser auf die hingeworfenen Kekskrümel reagiert.
Die Sonne brennt gnadenlos in die Caldera, aus deren Grund sich der 3818 Meter hohe Vulkanriese erhebt.

16 Kilometer Lavachaos im Durchmesser.
Wir aber befinden uns, ich gebe es kleinlaut zu, nur auf dem 5 Kilometer langen Rundweg „Los Roques“, der uns an den unterschiedlichsten vulkanisch entstandenen Gesteinsformationen vorbei führt.
Nirgends eine Hinweistafel, kein geologischer Hinweis.
Könnte man da nicht mal beim Schwarzwaldverein anfragen und mit ihm ein Wanderkonzept erarbeiten?
Es gäbe garantiert Geld aus einem der Eurohilfsfonds.

Ich bestaune die Tafonis, die Brekkzien, die erodierten Vulkanschlote, die Lapilli und Erosionsbomben.
Und dabei bewegen wir uns auf der gemütlichen Version, um die einmalige Naturlandschaft kennen zu lernen.

Hier müssen wir einen plötzlichen Ausbruch des Teide nicht fürchten, aber die Überreste seines Wütens vor einigen hunderttausend Jahren lassen staunen.
An der Bodega des Besucherzentrums „Parador de las Canadas“ wieder angekommen, vernehme ich den Ausruf eines deutschen Touristen, dass da oben ja noch Schnee läge.

Ich würde ihm ganz gerne entgegnen, dass der Bimstein die Sonne genauso gleißend reflektiert wie ein übriggebliebenes Schneefeld.
Aber das müsste dann auf der Nordseite liegen, wir betrachten aber im Moment die Südseite des Vulkans.
Aber dann wäre ich ja ein deutscher Besserwisser.
Lieber die Klappe halten.
Das fiel Humboldt sehr schwer, nach meinen Studien war er ein glänzender Unterhalter, ein Vielwisser, der am besten belesene Mensch seines Zeitalters.

Goethe bewunderte ihn:
Er hat an Kenntnissen und lebendigem Wissen nicht seinesgleichen und eine Vielseitigkeit, wie sie mir noch nicht vorgekommen ist.
Die Frauen bewunderten ihn auf Grund seines jugendlichen Alters, damals war er gerade 30 Jahre alt und gutaussehend.
Der spanische König bewunderte ihn so sehr, dass er ohne zu Zögern ihm die Erlaubnis erteilte, die spanischen überseeischen Besitztümer wissenschaftlich zu erforschen.
Die reichen Kaufleute Valois, Litre und Cologan aus Orotava bewunderten ihn so sehr, dass Kost und Logis für ihn kostenlos war.

Ja, irgendwie erinnert mich das an den Reisebegriff der Jetztzeit, Synonym des Massentourismus :
“ Garantiert All inklusiv“.
Der einwöchige Aufenthalt auf Teneriffa kostete ihn nichts.
Die Kosten für seinen darauf folgenden fünfjährigen Aufenhalt in der Neuen Welt finanzierte er allerdings selbst aus seinem ausbezahlten Berliner Erbe.
Vom Glück des einwöchigen Aufenthalts auf Teneriffa zehrte Humboldt sein ganzes Leben lang.

Der Pic de Teide hatte sich unauslöschlich in seine Gehirnwindungen geschrieben, selbst die von ihm bestiegenen Vulkanriesen Popocatepetl, Chimborazo und Cotopaxi in Südamerika wurden in seinen Aufzeichnungen immer mit dem höchsten spanischen Berg verglichen.
Mit der Besteigung des Chimborazos, mit 6310 Meter damals der höchste bekannte Berg der Welt, war Humboldt der erste Mensch, der eine solche Höhe erreichte.
Dreihundert Meter unter dem Gipfel musste er allerdings abbrechen.
Höhenrausch.
In diese Gefahr begeben wir uns auf Höhe der Caldera garantiert nicht.

Meine Liebste bewundert die Pflanzen.
Es ist nach Weihnachten und viel ist gerade nicht los.
Pflanzlich betrachtet.

Humboldt sammelte auf seiner Südamerika-Expedition 60 000 Pflanzen, darunter 6300 noch völlig unbekannte.
Verständlich, dass er ein bisschen mehr mit sich herumschleppte, als wir in unseren Tagesrucksäcken.
Seine handliche Ausrüstung passte gerade mal auf 21 Maultiere.
Die neuesten Messgeräte, von ihm ausgedachte Verfahrensweisen, um den Sauerstoffgehalt der Luft zu bestimmen, um mittels eines langen Frauenhaares die Luftfeuchtigkeit zu messen und, wie schon einmal gesagt, mit einer barometrischen Höhenmessung den Teide auf 2 Meter genau in der Höhe zu bestimmen.

Ich kann ihn verstehen.
Ich kann verstehen, dass dieses Unternehmen für ihn Glück und nicht Strapaze darstellte.
Ich und meine Liebste waren auf Teneriffa eigentlich auch ganz glücklich, trotz der vielen Deutschen, der Engländer, der Russen, der Franzosen, der…
Nur am Postkartenverkaufsstand des Besucherzentrums ging es ein bisschen eng zu.
Aber einen Gruß mit der Post, das musste sein.

Vielleicht würden wir den Postflieger auf unserem Rückflug überholen, aber den Genuss wollten wir uns nicht entgehen lassen, wir glaubten schon die erstaunten Gesichter unserer Freunde sehen zu können, wenn sie von unserer einwöchigen Forschungsreise Nachricht bekamen.
Humboldt schrieb so ganz nebenbei etwa 50 000 Briefe an ..
Ja, an wen?(1)
Ich glaube an Gott und die Welt.
Wer hat schon so viele Freunde?
Denk doch mal an das Porto!
Man muss ja auch zuhause noch etwas zum Erzählen haben.

Als Humboldt 1830 von einer zweiten gewaltigen, leider beinahe unbekannten, Expedition aus Sibirien und dem Altai zurückkehrte, deren räumliche Dimension unvorstellbar war- er hatte in 9 Monaten 19 000 Kilometer mit zwölftausend (!) Pferden zurückgelegt – schrieb er leicht resigniert:
„Mein Werk wird keinen der Reize darbieten können, welche zuweilen noch die Erzählungen des Reisenden besitzt, wiewohl in unserer Zeit selbst die fernsten Regionen leichter zugänglich geworden sind.“
Stilistisch, dem damaligen Zeitgeist geschuldet, ein wenig geschwollen formuliert, aber recht hat er.
Man kann fahren, so weit man will, wo immer man hinkommt, sie sind schon da.

Touristen.
Garantiert!
Was ich mir im Nachhinein durch Rechere erarbeitet habe: Zur Zeit AvH’s bezahlte das Porto für einen Brief nicht der Absender, sondern der Empfänger.
Ja, da hätte ich auch auf Teufel komm raus Briefe geschrieben. Man darf sich den guten Mann gar nicht in der Heutzeit vorstellen. Im Besitz eines Handy!!!! Bei dieser Mitteilungswut!
Über Humboldt’s Woche auf Teneriffa habe ich in einem Blog mit dem Titel „Teneriffa (1)“ im Juli 2015 geschrieben.