….erinnere mich an den Werbespruch der Tourismusbehörde „a day out of kerry is a day wasted“, man könnte es so übersetzen, dass jeder Tag, den man nicht in der Grafschaft Kerry ver……..
Ein bisschen vom Weg abweichen.
Nicht immer der Masse folgen.
Oder den vielgepriesenen Internet-Quellen, die uns mit kurzen Sätzen weismachen wollen, was sich zur Besichtigung eignet und was sich nicht lohnt.
“ Wer zu reisen versteht, hat keine festen Pläne und weiß nicht, wohin es ihn treibt“.
Wohin es den chinesischen Philosophen Laotse vor über 2000 Jahren trieb, wissen wir nicht, aber für heute haben wir Reisepläne geschmiedet.
Wir haben uns nun endlich entschlossen, den gesamten „Ring of Kerry“ abzufahren.
Also einmal rund um die Halbinsel Iveragh.
Mit unserem Mietwagen.
Entgegen dem Uhrzeigersinn.
An einem einzigen Tag.
Wir hatten uns eigentlich schon vor ein paar Tagen auf den Weg gemacht, aber dank meiner Fahrkünste im ersten Roundabout bei Linksverkehr ein einziges Mal verfranzt und prompt waren wir für den restlichen Tag auf der etwas nördlicher gelegenen Halbinsel Dingle gelandet.
Jetzt wissen wir, an welchen Stellen wir aufpassen müssen, um den wohl bekanntesten Landstrich Irlands kennen zu lernen, die Iveragh Halbinsel und für den Autofahrer den “ Ring of Kerry“.
Zum besseren Verständnis bringe ich hier nochmals eine Landkarte der Gegend, abfotografiert am Straßenrand.

Es ist Mitte September und wir haben strahlenden Sonnenschein, nicht nur heute, sondern für die nächsten 10 Tage, eine Seltenheit für Irlands Wetter.
Startend in Milltown passieren wir Killorglin.
Dort überqueren wir den River Launee, einen der bekanntesten Wildwasserflüsse für Lachsangler, der den Killarney Nationalpark durchfließt, von dem ich in einem anderen Beitrag berichten werde und sehen zu unserer Linken die Macgillycuddy Reeks, ein lustiger Name für einen bis 1000 Meter hohen Gebirgszug.

Ich erinnere mich an den Werbespruch der Tourismusbehörde „a day out of kerry is a day wasted“, man könnte es so übersetzen, dass jeder Tag, den man nicht in der Grafschaft Kerry verbringt, ein verlorener Tag ist.
Mal schauen, ob die Landschaft diesem Anspruch gerecht werden kann.

Vom warmen Golfstrom berührt, bemerken wir baumhohe Rhododendron-Büsche und am Straßenrand – über viele Kilometer – die leuchtend rote Kerry-Fuchsie.
In den 30 ern wurde sie überall in Irland entlang der Straßen gepflanzt und hat sich dort prächtig eingelebt.

Vor allem, wenn wir an unsere mickrigen Fuchsien im Kübel denken, sind wir erstaunt, was ein milder Winter und ein nicht so heißer Sommer mit dem nötigen Regen den Pflanzen doch Gutes tut.
Irlands höchster Berg grüßt aus der Ferne, der Corran Tuathail, ein baumloser Wipfel, zu dessen Besteigung allerdings klettertechnische Kenntnisse nötig sind.

Zu unserer Linken genießen wir die spiegelnde Meeresfläche der Dingle Bay und sind sicher, dass wir uns diesmal nicht verfahren werden.
Denn einmal auf der N70, wie der Ring of Kerry im Straßenatlas bezeichnet ist, gibts keine andere Möglichkeit, als geradeaus nach Cahersiveen zu fahren.

Dann- ja sind wir jetzt schon übermütig?- verlassen wir die Straße und biegen nach Reenard Point ab.

Hier am kleinen Hafen wartet schon die Fähre auf uns, die uns nach Valentia Island bringen soll, genauer gesagt nach Knights Town, dem Hafen dieser kleinen Insel.

Hier endete das Transatlantik Kabel für beinahe 100 Jahre, das die telegraphische Verbindung zwischen Europa und der Neuen Welt herstellte.

1856/57 wurde das Kabel auf rund 1900 Meilen Länge versenkt.
Die erste Nachricht fand zwischen Queen Victoria und Präsident Buchanan statt.
Für 20 Worte benötigte deren Transport 35 Minuten.
Unglaublich für uns, die mit Millisekunden gewohnt sind zu telefonieren.
Seit 1965 übernehmen Satelliten die Kommunikationsübertragung.
Das Kabel schlummert also arbeitslos in rund 5000 Meter Tiefe vor sich hin.

Hat mich dieser geschichtliche Hintergrund bewogen, diese Insel als sehenswert zu betrachten?
Oder war es der Hinweis, dass hier, und nur hier, Fußstapfen von Tetrapoden zu betrachten sind?
Der versteinerte Beweis, dass vor 365 Millionen Jahren die ersten krokodil-lurch-echsenartigen Vierfüßler das Meer verlassen haben und somit die Besiedlung des Landes begann.

Übrigens lag Irland damals südlich des Äquators.
Durch ungeahnte Kräfte im Erdinnern hat es sich in der Zwischenzeit allerdings ein wenig nach Norden bewegt.

„Believe it or not“ steht im Prospekt, wahrscheinlich ein Zugeständnis an die Kreatonisten.
Ich glaube das und will es sehen!
Wir beide ganz allein, denn auf der ganzen Fahrt über diese Insel begegnen wir niemandem, der ebenso einen Entdeckergeist in sich tragen würde wie wir.

Verlassen liegt, nach kurzer Fährfahrt, der kleine Hafen vor uns und entsprechende handbeschriebene Hinweistafeln weisen darauf hin, dass für die Inselbewohner die Saison beendet ist.

Wir haben ja auch nicht vor, jetzt bereits in einem Cafe Platz zu nehmen, sondern wir fahren etwa 8 Kilometer zum angepriesenen Geokaun Mountain.

Der Parkplatz ist doch tatsächlich noch bewacht und wir bezahlen als einzige Gäste die erforderliche Parkgebühr.
Fotoapparat, Essen und Trinken in den Rucksack und ab gehts.
Ab gehts?
Das ist nicht ganz der richtige Ausdruck, denn auf einen Berg gehts zunächst mal bergauf und auf diesen Berg gehts besonders steil bergauf.

Er ist wohl nur mit 266 Meter angegeben, eine geradezu lächerlich geringe Höhe, aber der steife Wind vom Meer lässt uns stark gebückt und schweren Schritts die Höhe erklimmen.

Bald haben wir einen Genossen gefunden, der wahrscheinlich mehrmals am Tag diesen Hügel besteigt, hofft er doch etwas zum Fressen für seinen Begleitservice abzubekommen.

Als wir den flachgeformten Gipfel erklommen haben, blicken wir nach Westen in Richtung Amerika.
1900 Miles lang war das Transatlantikkabel, also 1900 Miles nur Meer bis nach Neufundland.

Der Blick in die andere Richtung schweift über den Portmagee Channel, vielleicht sind das dort hinten die berühmten Skellig Inseln, die man mit der Fähre ansteuern kann, die aber heute nicht auf unserem Programm stehen.

Die Septembersonne taucht das Land wieder in einen mystischen Dunst und lässt gerade dadurch erkennen, wie abgeschieden diese Insel liegt, einer der westlichsten Orte Europas.

Absolute Stille umgibt uns.
Nur ab und zu der Schrei von ein paar Dohlen und der Hinweis an unseren begleitenden Freund, dass der abgestellte Rucksack eigentlich nicht für ihn bestimmt ist.
Naja, dann bekommt er halt ein paar Kekse.
Was wir sehen, sind die Fogher Cliffs und in der Ferne die Skelligs Rocks, die Blasket Islands und Dingle Island, die kleine Schwester der Iveragh-Halbinsel.

Einfach so auf der Bergspitze wollen wir kein Picnic machen, auch wenn der 360 Grad Rundumblick dazu einlädt, aber die „leichte Prise vom Meer“ ist zu ungemütlich.
So wandern wir wieder etwas Richtung Westen und siehe da – eine speziell für zwei Personen eingerichtete windstille „Picnic-area“ wartet auf uns.

Ich stelle mir vor, dass es in der Hochsaison sicher ein sehr umkämpfter Platz ist, den wir jetzt für die nächste Stunde allein genießen.


Kämpfe unter den Kelten, der Kampf der örtlichen Clanchefs gegen den irischen Hochkönig, haben zur Legendenbildung geführt.
Auf Informationstafeln werden unkundige Touristen aufgeklärt.
Dingle ist für die Legende über Oscar anscheinend sehr nahe bei den Fogher Cliffs, denn „Oscar von den Fianna’s“ hat anscheinend einen großen, tonnenschweren Felsbrocken mal mir nichts, dir nichts über das Meer geworfen.
Und da liegt er jetzt ganz still und als Original ausgewiesen vor uns.
Und will fotografiert werden.
Hoffentlich langweilt sie nicht die Geschichte dieses Oscars.
Oscar (altirisch oscara, „Der den Hirsch liebt“) ist in der keltischen Mythologie Irlands der Anführer der Fianna, des Jungkriegerbundes.
In der Erzählung Cath Gabhra („Die Schlacht von Gabhra“) wird vom Tode Oscars und der Vernichtung der Fianna durch den Hochkönig Cairbre Lifechair berichtet.
Oscar erschlägt Cairbre, stirbt allerdings ebenfalls an seinen Verletzungen.

Weshalb er allerdings den Stein von Dingle nach Iveragh geworfen hat, bleibt für mich Nichtkelte weiterhin ein Geheimnis.
Aber man muss ja nicht alles wissen.
Die Informationstafeln bieten allerdings dem Wissbegierigen genügend Interessantes aus Historie, Flora und Fauna.
Wenn ich jetzt noch herausbekomme, warum die Insel Valentia heißt?!
Auf irisch heißt sie jedenfalls „Oilean Dairbhre“ und ich werde mal demnächst meinen irischen Schwiegersohn fragen, weshalb die Engländer den Namen der Insel so verhunzt haben.

Aber dieses Phänomen begegnet dir auf der ganzen Insel, dass du keine Übereinstimmung oder zumindest eine Ähnlichkeit zwischen der irischen und der englischen Namensgebung für Orte findest.
So sind sie halt, die Eroberer und Besatzer.
Zuerst beraubt man die Orte ihrer keltischen Identität.
Und dann?

Dann schreiben einige dieser Deppen im Tripadvisor, dass sich der Besuch dieser Insel nicht lohnen würde.
Das bleibt für mich ein unverständlicher Eintrag, ein Rätsel und vor allem der ausschlaggebende letzte Impuls, nicht mehr auf den Informationen dieser Labertaschen des Internets eine Reise zu planen.
Wer zu reisen versteht, meckert über keinen Ort auf dieser Erde.
Und schon gar nicht über Valentia-Island.
In meinem Archiv Februar 2015 können Sie den ersten Teil der Reise verfolgen.