Andamania Resort Khao Lak

Man hatte sich so gefreut.

Die Baugenehmigung war wahrscheinlich sehr schnell erteilt, Umweltverträglichkeiten wahrscheinlich nicht überprüft, ein Wohndorf für die vielen Arbeiter errichtet und dann war betoniert, gemauert, verputzt worden.

Man wollte unbedingt zu Weihnachten eröffnen.

Das Personal kam aus Burma, auch Thailand kennt die Vorzüge von Gastarbeitern.

Der Chef – eine Hotelanlage mal nicht in der Hand großer Hotelketten – hatte ein paar nette Worte zur Eröffnung gesprochen, vielleicht ein Glas Sekt gespendet und dann dreimal in die Hände geklatscht.

Auf gehts, alles war rechtzeitig fertig geworden.

Weihnachtsbäume – natürlich aus Plastik – hatte man wahrscheinlich aus China einfliegen lassen, vielleicht echte Glaskugeln aus Deutschland, was ich allerdings nicht so recht glaube, überall in den Palmen Plastiklichtschläuche installiert und sich auf Weihnachten gefreut.

Dem Thai ist es ziemlich egal, dass Weihnachten ein christliches Fest ist.

Weihnachten makes Money.

Die nagelneue Soundanlage aus der Strandbar beschallte den Palmenstrand mit “ I’m dreaming of a white Christmas“.

Und dann wars vorbei.

Mit den Träumen.

Am 2. Weihnachtstag.

Alles vorbei, alles weg.

Eine Riesenwelle spülte die gesamte Hotelanlage weg.

Es sollte wohl abends wieder dieser berühmte Sonnenuntergang zu sehen gewesen sein, für den man Khao Lak rühmt, aber wahrscheinlich hatte niemand mehr Augen dafür.

Wenn er diesen Tsunami überlebt hatte.

Im benachbarten Mariott-Resort kamen 800 Menschen, Touristen aus Europa, ums Leben, von diesen Menschenverlusten erinnert aber heute nicht mal mehr eine Gedenktafel.

Nein, man wollte das möglichst schnell vergessen, man wollte sich schnell wieder Geld besorgen, um die Hotelanlage ein zweites mal aufzubauen.

 

 

Nicht alle Eigentümer schafften das, Hotelruinen im dichten Dschungel sind auffindbar, wenn man das nur will.

Heute, 14 Jahre danach, wird gebaut auf Teufel komm raus.

Solange der Touristentross nicht weiterzieht, kann man diese Moneymaking Chance nicht verstreichen lassen.

Die einzige strenge Maßnahme zur Regulierung an den langen Sandstränden ist das Verbot, Liegestühle über eine genau definierte Grenze hinaus am Strand aufzustellen.

 

Das hat manche Hotels hart getroffen, lagen sie doch hinter dem Strandweg und hatten nun plötzlich keinen Sandstrand mehr.

 

 

Infinity Pools mussten diesen Verlust ausgleichen, das Meer war nicht mehr von der Sonnenliege aus zu genießen.

 

 

Im Liegestuhl liegend, wieder einmal einen Pineapple-Shake durchs Plasikröhrchen schlürfend, lassen wir uns im Februar 2018 die Sonne auf den Pelz scheinen.

Regelmäßig bis etwa 3 Uhr nachmittags.

Eigentlich müsste sie uns bis zum Sonnenuntergang bescheinen, aber das hat sie dieses Jahr aufgegeben.

Gegen die schwarzen Wolken, die täglich von den Bergen herab sich an unseren Traumstrand heranschleichen, hat sie keine Chance.

Ratlos schaut das Personal zum Himmel.

Das hat es seit Jahrzehnten nicht gegeben, dass der Monsunregen bereits im Februar über das Land herfällt.

Und wie! Es schüttet aus Eimern.

Heute, morgen, übermorgen.

Dann können wir diese Regelmäßigkeit nicht mehr übersehen und kaufen uns zwei Regenschirme.

Dieses Jahr der große Verkaufsschlager auf den Thaimärkten.

Wir  unterhalten uns dort mit deutschen Rentnern, die hierher über die deutschkalten Monate geflüchtet sind, sitzen in Thaibars herum, ein thailändisches Singha schlürfend.

Wir spendieren dem musikalischen Alleinunterhalter ein paar Drinks, was dazu führt, dass er alkoholbedingt sein musikalisches Unterhaltungsprogramm an seiner Gitarre aufgeben muss.

Aber er hat sich gefreut, dass er uns spendierfreudigen Farangs kennenlernen durfte.

Sein Chef ist ihm deswegen nicht böse, drängt der Dauerregen die Touristen doch scharenweise in die Bar, eher gesagt in die mit Plastikplanen bedeckte Bambushütte.

Kein palmwedelgedecktes Dach hält diesen Wassermassen stand, einzig und allein Plastikplanen bieten Schutz.

Und da schimpfen wir Europäer  über die Verwendung von Plastik.

Für Thailand ist alles, was irgendwie schön empfunden wird, aus Plastik.

Selbst die Khao San Road in Bangkok, davon aber in einem neuen Beitrag, ist plastifiziert.

Das Geisterhäuschen mit den davor aufgestellten Gockeln – aus Plastik.

Der Vorrat an abgemischtem Zweitakter Treibstoff abgepackt in Plastikflaschen.

Nur der Blumenschmuck ist echt.

Zwei Schritte vor die Hüttentür und schon stehen echte Orchideen in der Tischvase.

Nachdem wir nun mit Regenschirmen ausgerüstet sind und das Wetter einschätzen können, machen wir uns in die Umgebung auf.

Rührend den Versuch empfindend, uns die Fluchtrichtung vor dem nächsten Tsunami vorgebend, überblicken wir die kilometerbreite Ebene, ausschließlich mit Kokospalmen bestanden.

Ich habs mal versucht, ob ich etwa auf eine Palme hochkäme, wenn die dreckige Meereswelle sich mir jetzt gerade in den Weg stellen würde.

Niemals. Ich bin kein Affe!

Wo ist der nächste Berg? Nirgends!

Wo ist eine hochgebaute Rettungsplattform? Nirgends!

Allerdings ist das radargesteuerte Tsunamiüberwachungszentrum am Strandende zu sehen.

Deutsche Technologie überspannt mit Messbojen die Andamanensee und warnt die Bevölkerung rechtzeitig vor der nahenden Katastrophe. Soweit zur Theorie.

Die Prinzessin in ihrem Weihnachtsurlaub zu beschützen, das war die Aufgabe des Polizeibootes 813 vor der Küste von Khao Lak, und deren Sohn, der mit dem Jetscooter sich in den selbstverursachten Wellen austobte.

Die gewaltige erbebenverursachte Welle ließt das Boot kentern und spülte es drei Kilometer weit durch die Kokosplantagen an den Fuß eines kleinen Hügels.

Die Prinzessin überlebt die Katastrophe, ihr Sohn kam leider ums Leben.

An der Stelle des Liegeortes des Polizeibootes ist heute ein kleiner Gedenkpark eingerichtet, der Tsunami Memorial Park.

Wer sich hierher verirrt, bleibt meist nur ein paar Minuten, macht noch schnell ein Foto und stürzt sich dann wieder ins pulsierende Leben entlang der Hauptstraße von Khao Lak.

Wir haben uns im Hotel Räder ausgeliehen und fahren die Küstenstraße entlang zum Lamru Nationalpark, ein kleiner Küstenregenwald, der sich dort gegen alle Bebauungspläne wehren konnte und der jetzt seinem Namen alle Ehren macht.

Regenwald.

Patschnass, vom Monsunregen weggespült, mit Platzwunde an der Stirn, erreichen wir spät abends wieder unser Resort.

Nein, Radfahren werden wir wohl nicht mehr.

Wie kann man auch einen Betonlichtmasten mitten im Radweg übersehen?

Da ist die Durchwatung eines tropischen Flusses ja regelrecht ein Kinderspiel.

Zweimal müssen wir das, bis wir wieder mal in einer Strandbar landen, meine Liebste gönnt sich eine preiswerte Fußmassage, ich mir wieder einmal einen Pineappleshake, den ich dort noch genieße, den ich allerdings einige Tage später verfluchen werde.

Meine Zahnhälse kommen mit der täglich selbstgewählten zweimaligen Fruchtsäurebespülung überhaupt nicht zurecht.

Ich hätte halt doch beim thailändischen Bier bleiben sollen.

Zahnschmerzen im Urlaub, das ist das Letzte was einen freut.

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